Victor Hugo: Der Glöckner von Notre Dame

Paris 1776
21 Stunden und 4 Minuten dauerte meine Hörbuchversion "Der Glöckner von Notre Dame". An einem verschneiten Wintertag in einer Bushaltestelle in Münster versetzte mich die Geschichte in eine Zeit am 6. Januars des Jahres 1482 in Paris. Es beginnt alles mit einer Doppelfeier des Dreikönigsfestes und des Narrentages im Großen Saal des Justizpalastes. Es wird über die historischen Ereignisse in diesem Saal erzählt, in dem an diesem Tag ein Theaterstück von dem Dichter Pierre Gringoire aufgeführt wird. Viele wichtige Persönlichkeiten werden angepriesen. Unter anderem der Kardinal von Bourbon mit flämischer Gesandtschaft, der Kronprinz von Frankreich mit seiner frisch Verlobten Margarete von Flandern. Nach diesen ausführlichen Beschreibungen frage ich mich wann es denn endlich um Quasimodo gehen wird und finde nach kurzer Recherche heraus, dass der Originaltitel des Buches eigentlich Notre-Dame de Paris ist. Es geht um viel mehr als nur diese von Filmen und Musicals bekannte Figuren Quasimodo und die schöne Zigeunerin Esmeralda, also zusätzlich um ein facettenreiches Bild des französischen Spätmittelalters mit den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten.

Pierre Gringoire hat leider nicht sehr viel Erfolg mit der Aufmerksamkeit für sein Theaterstück. Da sich der Kardinal von Bourbon mit Anhang verspätet, wird das versammelte Volk ungeduldig und fordert mit lauten Rufen nach dem Beginn der Aufführung. Die Verse finden bei dem gemeinen Volk keinen besonderen Zuspruch und durch die Ankündigung vieler bekannter Persönlichkeiten wird das Stück oft unterbrochen bis am Ende der einzige Zuschauer der Dichter selbst ist. Der Genter Strumpfwebermeister und Revolutionär Jakob Coppenole schlägt eine Wahl zum Narrenpapst vor.

Quasimodo wird der Narrenpapst bei diesem Fest. Später entführt er Esmeralda für den Archidiakon Claude Frollo, den man erst als gutmütigen Menschen kennenlernt. Denn er hat ja schließlich Quasimodo als Findelkind aufgenommen und die Kathedrale Notre Dame ist eine Art Zufluchtsort für den missgestalteten und später tauben Glöckner. Esmeralda wiederum ist auch ein Findelkind und trägt um ihren Hals ein Amulett mit wichtigem Inhalt aus ihrer Kindheit.

Pierre Gringoire folgt Quasimodo bei der Entführung von Esmeralda und sieht wie der Hauptmann der königlichen Leibgarde namens Phoebus ihn dabei erwischt. Die Entführung muss Quasimodo büßen, der taube Glöckner wird von einem tauben Richter verurteilt, der vorgibt Hören zu können - ein irrwitziger Höhepunkt des Romans.

Quasimodo wird am Schandpfahl mit Steinen beworfen. Pierre Gringoire wird auf der Suche nach einem Schlafplatz von Zigeunern gefangen genommen, die ihn hängen wollen. Esmeralda erbarmt sich ihn zu heiraten und rettet ihn so vor dem Tod. Ihre Ehe ist eher zweckmäßig. Esmeralda schmachtet indes für den Hauptmann Phoebus und dieser stellt sie bei einer Gelegenheit einer feinen Damengesellschaft vor, die sich bedroht von Esmeraldas Schönheit fühlt und es diese dementsprechend spüren lässt.

Esmeralda hat ein verhängnisvolles Treffen mit Phoebus. Während sie von Heirat spricht, hat der Hauptmann doch ganz andere Sachen im Sinn und der eifersüchtige Archidiakon Claude Frollo sticht von hinten auf ihn ein. Der Hauptmann überlebt diese Attacke.

Hugo schreibt diesen Roman 1831 und blickt so selbst in die Vergangenheit, erzählt wie sich die Stadt Paris entwickelt, trauert alten Bauwerken aus der Zeit nach und erklärt in einem längeren Ausflug in die Architektur (der nicht unbedingt für alle Buchnomaden eine Freude war), dass vor dem Buchdruck noch die Gebäude Ausdruck von Poesie und geheimer Mitteilungen waren. Die Alchemie einen hohen Stellenwert hatte und man die Erde bei bestimmten Häusern mehrmals umgrub, um den Stein der Weisen zu finden. Es keine allgemeine Polizeigewalt, sondern viele nebeneinander existierende sich wiedersprechende Ämter gab.
Ich habe dieses Hörbuch sehr genossen, denn die Sprache ist erstaunlich modern und teilweise sogar ironisch. Man lernt nebenbei sehr viel und mich hat es zumindest neugierig gemacht auf die wirkliche Geschichte. Und ob es diese ganzen angekündigten Berühmtheiten wirklich gegeben hat?

Den Dichter Pierre Gringoire gab es wohl auch im wirklichen Leben, er hieß jedoch Pierre Gringore.
Margarete von Flandern mag wohl Margarete von Österreich sein, diese ist gerade mal drei Jahre alt als sie an Karl VIII. (Frankreich), den Kronprinzen von Frankreich verheiratet wird. Es wird sogar darüber spekuliert, dass es Quasimodo wirklich gab, wie es die Aufzeichnungen des britischen Steinbildhauer Henry Sibson vermuten lassen.


Kommentare

  1. Hallo Claudia,

    vielen Dank, die schöne Würdigung eine grandiosen Buches. Meine Klassiker-Entdeckung der letzten Jahre, spannend mit wunderbaren Figuren, viel Tempo und Atmosphäre - unbedingt lesen oder hören !

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